Wachsbildnerei

Wachsbildnerei
Wachs|bild|ne|rei 〈[-ks-] f. 18; unz.〉 Herstellung von Bildwerken od. Modellen aus Wachs; Sy Zeroplastik (I)

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Wachsbildnerei,
 
Keroplạstik, Zeroplạstik, die Herstellung von Modellen und Bildwerken aus Wachs, das durch Zusatz von Öl und Terpentin modellierfähig gemacht worden ist; ursprünglich v. a. in Form von Abgüssen und Nachbildungen. Im römischen Toten- und Ahnenkult waren Totenmasken aus Wachs von großer Bedeutung; man trug sie im Trauerzug mit und stellte sie im Atrium des Hauses auf. Aus dem englischen und französischen Hofzeremoniell des 14. Jahrhunderts entwickelte sich der Brauch, fürstlicher Tote bei der Leichenfeier in Wachsnachbildungen (Effigies) darzustellen. Bis in das 17. Jahrhundert wurde dieser Brauch mit immer stärkerer Staatssymbolik angereichert; er findet sich noch im 18. Jahrhundert bei mitteleuropäischen Herrscherhäusern und bei den Dogen von Venedig. - Seit dem Mittelalter arbeitete man z. B. Krippenfiguren oder Weihegaben oft in Wachs, sowohl als kleine Hohlgussfiguren als auch als lebensgroße vollplastische Statuen, die oft auch dem Gewicht des Votanten entsprachen (so war z. B. im 17. Jahrhundert die Kirche Santissima Annunziata in Florenz mit mehr als 600 lebensgroßen Figuren des 14. bis 17. Jahrhunderts, darunter Königen und Feldherren zu Pferd, gefüllt). Bei den lebensgroßen Figuren des späten 15. Jahrhunderts, die hauptsächlich aus Pappmaché entstanden, waren nur noch Köpfe und Hände aus Wachs geformt.
 
Entwürfe für Bildhauerarbeiten wurden häufig aus Wachs gefertigt (Bozzetto, z. B. A. Rodin), ebenso Modelle für den Bronzeguss (Wachsausschmelzverfahren). Seit der Renaissance modellierte man auch Bildnisbüsten und -reliefs von bedeutenden Künstlern in Wachs (u. a. D. Ghirlandaio; Orsino Benintendi, 15. Jahrhundert, der u. a. auch Medici-Figuren lieferte), in der Moderne arbeiteten u. a. E. Degas und M. Rosso mit Wachs. - Wachsvotivfiguren wurden außer von Bildhauern auch von Wachsbossierern angefertigt, die eine eigene Zunft bildeten.
 
In Wachsfigurenkabinetten werden wächserne Nachbildungen von historischen, berühmten oder auch berüchtigten Persönlichkeiten zur Schau gestellt (seit dem 17. Jahrhundert in Kirchen und Wanderschauen nachweisbar); umfangreiche Sammlungen entstanden in London (Kabinett der Madame Tussaud), Paris (Musée Grevin) und Berlin (Castans Panoptikum, bis 1922). In Wachs nachgebildete anatomische Objekte für Lehrzwecke befinden sich in der Josephinischen Sammlung in Wien und im Museum in Bologna.
 
 
U. Pfistermeister: Wachs. Volkskunst u. Brauch, 2 Bde. (1982-83);
 S. Waldmann: Die lebensgroße Wachsfigur. Eine Studie zu Funktion u. Bedeutung der keroplast. Porträtfigur vom Spätmittelalter bis zum 18. Jh. (1990);
 J. von Schlosser: Tote Blicke. Gesch. der Porträtbildnerei in Wachs, hg. v. T. Medicus (1993).

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Wachs|bild|ne|rei, die; -: Zeroplastik (1).

Universal-Lexikon. 2012.

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  • Wachsbildnerei — (Keroplastik), die Kunst plastische Gegenstände aus Wachs zu bilden. Es geschieht dies entweder durch das Bossiren (Wachsabdrücke, Wachsbossiren), od. durch den Guß. Am häufigsten wird diese Kunst angewendet zur Nachbildung von Früchten, Copien… …   Pierer's Universal-Lexikon

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  • Wachsbildnerei — ↑Zeroplastik …   Das große Fremdwörterbuch

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